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2023

Patientenvertretung mahnt die mangelnde Verordnungssicherheit an

Pressemitteilung

Warnung vor lebensbedrohlichen Versorgungsabbrüchen in der außerklinischen Intensivpflege

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Die Patientenvertretung mahnt die mangelnde Verordnungssicherheit an. Begrüßt wird die verbesserte Versorgung bei Kindern,Jugendlichen und jungen Volljährigen.

Berlin, 20. Juli 2023. Außerklinische Intensivpflege kann zum 31. Oktober 2023 nur noch nach den Regeln der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) verordnet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute den Antrag der Patientenvertretung auf eine Verlängerung der bestehenden Übergangsregelung mit Verweis auf die Rechtslageabgelehnt.

Die maßgeblichen Patientenorganisationen blicken nun mit großer Sorge in den Herbst. Denn trotz intensiver Bemühungen der Selbstverwaltung zeigt sich, dass eine flächendeckende Versorgung der von der AKI betroffenen Leistungsberechtigten bis zum 31. Oktober 2023 nichtsichergestellt werden kann. Sowohl Ärztinnen und Ärzte, die zukünftig nach den Regelungen der AKI-RL verordnen, als auch die Ärztinnen und Ärzte, welche dievor der Verordnung erforderliche Potenzialerhebung durchführen sollen, stehenbisher noch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung. Die Arztsuche im Gesundheitsportal des Bundes listet nach Angabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom Juni 2023 bundesweit 591 verordnende Hausärztinnen undHausärzte auf. Fachärztinnen und Fachärzte, die für die Verordnung tatsächlich zurVerfügung stehen, werden nicht veröffentlicht. Bisher waren diese nur zu einemsehr geringen Anteil an der Versorgung der Patientengruppe beteiligt. Demgegenüber stehen ca. 22.000 aufwendig versorgte Patientinnen und Patienten mit Bedarf an außerklinischer Intensivpflege. Fehlende oder unzureichende Barrierefreiheit der Praxenschränkt die Suche für die mobilitätseingeschränkten Menschen weiter ein. Eine gültige Verordnung ist aber Voraussetzung für die sofortige pflegerische Intervention bei den in dieser Patientengruppe täglich auftretenden lebensbedrohlichen Situationen.

Eine Ursache für die mangelnden Strukturen ist die geringe Beteiligung von Kliniken, die auf die Versorgung derPatientengruppe spezialisiert sind. Schon in der Begründung zum Gesetzentwurf wurde festgestellt, dass die ärztliche Versorgung der Versicherten ohne ermächtigte Krankenhausärztinnen und -ärzte sowie Einrichtungen nicht sichergestellt wäre. Bisher ist der Aufbau einer umfassenden sektorenübergreifenden Versorgung jedoch nicht gelungen.

Nach der bestehenden Übergangsregelung zur außerklinischen Intensivpflege verlieren die bisher nach der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP-RL) ausgestellten Verordnungen ab dem 31. Oktober 2023 ihre Gültigkeit.

Der G-BA hält mit seinem heutigenBeschluss an dem gesetzlich vorgesehenen Stichtag fest, ermöglicht aber miteiner Ausnahmeregelung, dass in begründeten Fällen eine Verordnung nach derAKI-RL vorläufig auch ohne Potentialerhebung ausgestellt werden darf. Auchwurde der Kreis der verordnungsberechtigten Ärztinnen und Ärzte noch einmal erweitert. Nach den der Patientenvertretung vorliegenden Rückmeldungen sind diese Regelungen jedoch nicht ausreichend, um die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Insbesondere wird auf die geringe Anzahl der Ärztinnen und Ärzte verwiesen, die bereit und in der Lage sind,Verordnungen für die neu eingeführte AKI auszustellen.

Patientinnen und Patienten berichten aktuell:

„Meine Hausärztin hat mir zwar immer HKP verordnet, möchte nun aber nicht in die AKI-Verordnung einsteigen.“ / „Ich habe von meinem Arzt die Info bekommen, dass er künftig keine Verordnungen mehr für AKI ausstellen darf.“ /„Keine der gelisteten Praxen im Umkreis von 100 km ist für mich im E-Rollibarrierefrei zugänglich.“ / „Mein Arzt sagt, dass der Zeitaufwand für meine Versorgung bisher etwa achtmal höher ist als bei seinen übrigen Patienten. Nach den neuen Anforderungen würde der Aufwand weiter steigen“ / „Ich bekomme für meinen Sohn keinen Termin zur dringend notwendigen Beatmungskontrolle [bei der potenzialerhebenden Station] mehr, weil die Station vollkommen mit Notfällenüberlastet ist. Wir wurden zweimal einbestellt und am Tag vorher wurden die Termine wieder abgesagt. Das bekommen wir organisatorisch gar nicht auf dieReihe.“

Mit einem Antrag aus dem Frühjahr 2023 wollte die Patientenvertretung erreichen, dass noch für weitere zwei Jahre außerklinische Intensivpflege nach den Regelungen der HKP-RL verordnet werden kann. Dadurch sollte der Aufbau verlässlicher Versorgungsstrukturen ermöglicht und der Übergang zu den Regelungen der AKI-RL schrittweise und strukturiert umgesetzt werden. Die bisher zur Verfügung stehenden Ressourcen sollten vorrangig für Patientinnen und Patienten genutzt werden, die noch nicht länger als zwei Jahre aus der stationären Versorgung entlassen wurden, da in dieser Zeit die Aussichten auf erfolgreiche Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierung besonders hoch sind.

Der G-BA musste den Antrag derPatientenvertretung heute jedoch mit Hinweis auf die geltende Rechtslageablehnen. Es bedarf daher kurzfristigeiner angemessenen Übergangsregelung durch den Gesetzgeber, um der Entstehungeiner strukturellen Mangellage entgegenzuwirken und den Aufbau vonflächendeckenden Versorgungsstrukturen voran zu bringen.

Mit einem weiteren Antrag war die Patientenvertretung dagegen erfolgreich: Bei der Versorgung von Kindern,Jugendlichen und jungen Volljährigen gibt es aufgrund des heutigen Beschlusse sdeutliche Verbesserungen. Der G-BA hat die Qualifikationsanforderungen für Ärztinnen und Ärzte, die das Entwöhnungspotenzial bei Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen prüfen ,konkretisiert. Damit können weitere spezialisierte Ärztinnen und Ärzte an der bedarfsgerechten Versorgung der jungen Patientinnen und Patienten teilnehmen.

 

Weiterführende Informationen: Link zum Antrag der Patientenvertretung

Ansprechpartner*innen:

Katja Kruse, Patientenvertreterin, Bundesverbandfür körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm);

Markus Behrendt,Patientenvertreter, IntensivLeben - Verein für beatmete und intensivpflichtigeKinder und Jugendliche e.V.

E-Mail: katja.kruse@bvkm.de; behrendt@intensivleben-kassel.de

Zum Hintergrund:

Die Patientenvertretung im G-BA besteht ausVertreter:innen der vier maßgeblichen Patientenorganisationen entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:

·        Deutscher Behindertenrat,

·        Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen und -initiativen,

·        Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.

·        Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Die Patientenvertretung imG-BA kann mitberaten und Anträge stellen, hat aber kein Stimmrecht.

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